Eine Beziehung ohne Sex? Für die grosse Mehrheit der Singles ist das unvorstellbar. Das ergab eine neue eDarling-Umfrage. Ein genauer Blick auf Ideal und Realität von Partnerschaften zeigt aber, dass die Qualität nicht nur vom Liebesleben abhängt.
„Im Allgemeinen gibt es ohne Sexualität keine Liebesbeziehungen und ohne Liebesbeziehung keine dauerhafte Sexualbeziehungen.“1 Das erklärt der Schweizer Psychotherapeut Prof. Dr. Jürg Willi und trifft damit wohl den Nerv vieler. Auch das Ergebnis einer eDarling-Umfrage zeigt, dass gemeinsam erlebte Sexualität für die Partnerschaft essenziell ist. So meinen 82% der befragten Singles, dass es unmöglich sei, eine ernsthafte und langfristige Beziehung aufzubauen, ohne miteinander zu schlafen. Evolutionär lässt sich hier natürlich der Fortpflanzungstrieb ins Spiel bringen, doch ebenso bildet das Erleben gemeinsamer körperlicher Intimität die Basis für emotionale Nähe und stärkt so das Zusammengehörigkeitsgefühl der Paare.
Idealvorstellung trifft auf Realität
Die befragten Schweizer Singles haben einen gewissen Anspruch, was ihr zukünftiges Liebesleben betrifft. Auf die Frage, wie häufig die Partner in einer idealen Beziehung miteinander schlafen sollten, sind sich Männer und Frauen einig. Für beide Geschlechter ist zu zwei Dritteln klar, dass es mehrmals die Woche passieren sollte. Doch wie realistisch ist diese Idealvorstellung in einer langjährigen Beziehung? In verschiedenen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Lust in Partnerschaften mit der Zeit nachlässt. „Dauerhafte Sicherheit und häufiger, guter Sex schliessen sich aus“, erklärt die Hamburger Psychotherapeutin Kirsten von Sydow.2 Untermauert wird ihre Behauptung, zumindest was die Häufigkeit angeht, von einer Interviewstudie des Sexualforschers Prof. Dr. Gunter Schmidt.3 Schmidt konnte darlegen, dass nach einer Beziehungsdauer von 3-5 Jahren die sexuelle Aktivität im Durchschnitt deutlich abnimmt. Interessanterweise gibt es in den Beziehungsjahren 11 bis 20 kaum noch Veränderungen, in den Jahren danach jedoch eine minimale Steigerung der Häufigkeit. Ebenso bemerkenswert ist, dass diese Veränderungen unabhängig davon sind, ob die Paare Kinder haben oder nicht.
Weniger ist mehr?
Besitzen Beziehungen, verglichen mit dem Ideal, demnach ein grosses Frustpotenzial und deutet das abnehmende sexuelle Interesse auf Beziehungsprobleme hin? Glücklicherweise nicht. Denn die Entwicklung entspricht der Normalität. Partnerschaften entwickeln sich und neue Prioritäten werden gesetzt. Die Wissenschaft begründet das mit einer neuen Qualität der Beziehung. Die Partner geniessen nun das Gefühl einer festen Bindung und empfinden keine Verlustängste. Dem gegenüber steht die wissenschaftliche Annahme, dass das Bedürfnis, auch nach vielen Jahren ständig Sex haben zu wollen, seine Ursache in Verlustängsten haben kann.4
Obwohl das abnehmende sexuelle Interesse wissenschaftlich plausibel erklärt werden kann, sind nicht alle Paare mit der Entwicklung ihres Sexuallebens zufrieden. Falls auch Sie das Gefühl haben, Ihr Liebesleben könnte eine kleine Auffrischung gebrauchen, bedenken Sie, dass Sie nur Ihr eigenes Verhalten, nicht aber das Ihres Partners ändern können. Dennoch, es lohnt sich die Initiative zu ergreifen! Denn nur wenn Sie Ihre Wünsche ansprechen, können diese auch Gehör finden. Nehmen Sie sich Zeit und Raum für Ihre Beziehung und sorgen Sie für Abwechslung.
Welche Erfahrungen haben Sie schon machen können und mit welchen Tricks würden Sie das Liebesleben in der Beziehung aufpeppen?
Quellen:
1 Jürg Willi, Psychologie der Liebe: persönliche Entwicklungen durch Partnerbeziehungen. S. 82, Stuttgart 2001
2,4 Werner Bartens, Was Paare zusammenhält (Mai 2012), http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/37501 (April 2014)
3 Gunter Schmidt, Silja Matthiesen, Beziehungsdauer und Leidenschaft (Oktober 2009), http://forum.sexualaufklaerung.de/index.php?docid=1240 (April 2014)