Die Frau gehört an den Herd, der Mann verdient die Brötchen – dieses Rollenklischee gehört heute weitgehend der Vergangenheit an. Viele Frauen verfolgen inzwischen erfolgreich Karriereziele, die bis vor wenigen Jahren Männern vorbehalten waren. Dieser Wandel wirkt sich natürlich auch auf die klassischen Familienstrukturen aus: Längst sind Kinder und Haushalt nicht mehr reine Frauensache.
Die Rolle der Frau im Wandel
Frauen sind heute Ärztinnen, Managerinnen, Wissenschaftlerinnen und sogar Staatsoberhäupter – das ehemals als schwach geltende Geschlecht hat einen weiten Weg zurückgelegt. Die veränderte weibliche Rolle erfordert auch ein gesellschaftliches Umdenken. War die Frau bis in das 20. Jahrhundert fast ausschließlich mit der Pflege von Familie und Haushalt betraut, bringt sie heute Karriere und Kinder unter einen Hut.
Entgegen weit verbreiteter Annahmen bedeutet das jedoch nicht, dass Frauen, die sich für den Karriereweg entscheiden, häufiger kinderlos bleiben als andere. Dies belegt eine Studie des Marktforschungsinstituts TNS Infratest1. Als Karrierefrau gilt hier, wer ein höheres Durchschnittseinkommen hat als andere Frauen und angibt, die eigene berufliche Entwicklung für sehr wichtig zu halten. Die Bezeichnung „Karrierefrau“ trifft nach dieser Definition in Deutschland etwa auf jede fünfte Frau zwischen 30 und 49 Jahren zu.
27 Prozent der Vertreterinnen der Gruppe „Karrierefrau“ haben mindestens ein Kind, das jünger ist als 14 Jahre, während nur 24 Prozent der Frauen insgesamt zwischen 30 und 49 Mütter von Kindern unter 14 Jahren sind. Statistisch gesehen sind beruflich erfolgsorientierte Frauen also sogar häufiger Mutter als solche, die weniger Wert auf ihre Karriere legen.
Die Vereinbarung von Karriere und Elternschaft erfordert in erster Linie eine Umstrukturierung der Rollenverteilung im engsten Familienkreis. Eine Frau, die beruflich stark gefordert wird, kann sich nicht gleichzeitig allein um Haushalt und Kinder kümmern. In diesem Fall müssen die häuslichen Aufgaben gleichberechtigt zwischen Mann und Frau aufgeteilt werden.
Elternzeit – keine reine Frauensache
Seit dem 1. Januar 2007 gilt in Deutschland eine neue Regelung zu Elterngeld und Elternzeit. Ein Elternteil hat seither die Möglichkeit, sich am Arbeitsplatz bis zu zwölf Monate nach Geburt eines Kindes eine Auszeit zu nehmen, sofern das Kind im selben Haushalt lebt. Dies geschieht bei vollem Kündigungsschutz und Zahlung eines Entgeltersatzes von zwei Dritteln des Nettoeinkommens. Teilen sich Vater und Mutter die Elternzeit, so verlängert sich der gesetzliche Anspruch auf Elterngeld sogar auf 14 Monate.
Bewusst trägt die Zeit, die der Pflege und Erziehung des Kindes dienen soll, den allgemeinen Namen „Elternzeit“. Mutter und Vater sind auf diese Weise gleichermaßen angesprochen, den Beruf eine Weile ruhen zu lassen, um sich Zeit für das neue Familienmitglied zu nehmen. Tatsächlich wird die Gegebenheit, dass die Neugeborenenfürsorge nun auch von offizieller Seite keine reine Frauensache mehr sein soll, nicht ohne Skepsis aufgenommen.
Kritiker warnen vor einem Bindungsverlust zwischen Mutter und Kind bei Übernahme der Elternzeit durch den Vater, und so mancher Mann fühlt sich in seiner traditionellen Ernährerrolle bedroht. So bezeichnete CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer während der Elterngeld-Debatte im Jahr 2006 die Elternzeit für den Vater als „Wickelvolontariat“, das niemand brauche.
Teamwork bei der Elternzeit
Und wirklich wurde die Elternzeit in der Anfangsphase nur sehr vereinzelt von Vätern genutzt. Im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes stellten gerade einmal 3,5 Prozent aller jungen Väter einen Antrag auf Elterngeld. Seither steigt die Zahl jedoch kontinuierlich an. Inzwischen nimmt schon jeder fünfte Vater die Elternzeit für sich in Anspruch.
Viele Eltern nutzen heute auch die Möglichkeit, die Elternzeit untereinander aufzuteilen. Nicht selten bleibt die Mutter in den ersten Monaten nach der Geburt zuhause. Der Vater übernimmt danach die verbleibenden Monate der Elternzeit. Diese Aufteilung ermöglicht der Frau einen raschen Wiedereinstieg ins Berufsleben und dem Mann einen intensiven Bindungsaufbau zu seinem Kind.
Angst vorm Pantoffelheldenimage
Viele Männer nehmen das Angebot der beruflichen Auszeit zur Pflege des Kindes inzwischen gerne an. Gewiss wären es noch einige mehr, hätten sie nicht nach wie vor mit gesellschaftlichen Vorurteilen zu kämpfen. Die Angst, vor Freunden, Kollegen und Vorgesetzten als Pantoffelheld dazustehen, hält viele Männer heute noch davon ab, für eine bestimmte Zeit zuhause zu bleiben.
Zudem haben es Männer bei einem Berufsausstieg auf Zeit oft schwerer als Frauen. In der Regel erwarten Arbeitgeber uneingeschränkte Verfügbarkeit von ihren Angestellten. Bei der Einstellung von Frauen im gebärfähigen Alter wird jedoch mit einer gewissen Ausfallquote durch Geburten und Pflege von Kindern gerechnet. Bei Männern ist so mancher Chef diesbezüglich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch weniger tolerant. Obwohl Männer das gleiche Recht auf Elternzeit haben wie Frauen, scheuen viele sich daher, davon Gebrauch zu machen.
Durch die Verschiebung der traditionellen Rollenverteilung innerhalb der Familie ist es nun auch Sache des Mannes geworden, die eigene Rolle zu überdenken. Denn schließlich bleibt ein Mann auch dann ein Mann, wenn er sich um häusliche Aufgaben kümmert, während die Frau arbeiten geht. Bis zur völligen Gleichberechtigung von Mann und Frau liegt noch ein langer Weg vor uns. Ein großer Schritt ist aber bereits durch die Möglichkeit getan, dass es Elternpaaren heute gesetzlich freigestellt ist, ob die Kinder durch die Mutter oder den Vater versorgt werden.
Quellen:
1TSN Infratest 2006. Erfolgsorientierte Frauen.